Produkte
Services
Seminarangebot
Karriere
|
Suggest
Die Favoriten sind leer.
Menu
Produkte
 
Close

Interview mit Prof Dr. Volker Quaschning zum Thema PV+Wärme

Im Rahmen unserer eCademy: PV+Wärme hatten wir das Vergnügen, mit Professor Volker Quaschning über Photovoltaik und Wärmepumpen zu sprechen. Professor Quaschning ist ein renommierter Experte auf dem Gebiet und seine Ansichten werden Sie sicherlich interessieren.

BayWa r.e. Solar Energy Systems:

Wieso halten Sie die Kombination von PV und Wärmepumpen für unsere Zukunft so wichtig? Gibt es echte Alternativen und sehen Sie noch andere wirkungsvolle Lösungen für die Wärmewende neben der Wärmepumpe?

Prof. Dr. Volker Quaschning:

Unsere Wärmeversorgung basiert heute zu sehr großen Teilen auf Erdöl und Erdgas. Wir haben spätestens mit der Energiekrise verstanden, dass das kein Zukunftsmodell ist. Wenn wir uns die Lösungsmöglichkeiten anschauen, kommen nur regenerative Systeme infrage, die aus Klimaschutzgründen komplett erneuerbar sein sollten. Man kann beispielsweise auf die Biomasse setzen, da sind die Potenziale aber begrenzt. Die Solarthermie ist vergleichsweise teuer. Man könnte auf grünen Wasserstoff setzen, der wird aber auch extrem teuer sein. Die einzige Lösung, die für fast alle Gebäude geeignet ist, die sehr effizient ist und uns sehr schnell Einsparungen bringt, ist die Wärmepumpe. Deswegen gehen sehr viele Studien mittlerweile davon aus, dass 80 bis 90 % der künftigen Heizungen Wärmepumpen sein werden. Wenn ich dann natürlich weiß, dass ich eine Wärmepumpe haben werde, dann ist die Photovoltaik der ideale Partner, weil der Strom einfach schon vor Ort erzeugt wird.

Einher geht damit ganz klar das saisonale Problem. Die Wärmepumpe braucht vor allem an kalten Wintertagen viel Energie, wo wenig Sonnenenergie zur Verfügung steht. In der Zeit kann man nicht alles mit der Photovoltaik abdecken. Aber der Sommer, die Übergangszeiten und Teile des Winters können sehr gut abgedeckt werden. Je nach Gebäudestandard kann man durchaus 60 bis maximal 80 % an Autarkiegrad erreichen, also den Anteil des eigenen Solarstroms am Gesamtaufkommen des genutzten Stroms. Der Rest muss von außen kommen. Dafür brauchen wir die Windenergie. In der Kombination ist das allerdings das perfekte Team: die Wärmepumpe, Solarenergie vor Ort plus Windenergie vor den Toren der Stadt. Da muss der Weg hingehen. Und das darf nicht der Einzelfall sein, sondern möglichst ab sofort der Standard.

BayWa r.e. Solar Energy Systems:

Gibt es Einschränkungen für die Kombination von PV und Wärmepumpen? Sind mögliche Bedenken der Endnutzenden gerechtfertigt?

Prof Dr. Volker Quaschning:

Die Effizienz der Wärmepumpe hängt von zwei Parametern ab: Der erste Punkt ist die Temperatur der Wärmequelle. Je höher die Temperatur, desto besser. Wir nutzen bei vielen Wärmepumpen Luft als Wärmequelle, da „hilft uns“, so traurig es ist, der Klimawandel. Wenn wir uns dieses Jahr den Winter anschauen, dann gab es selten Tage mit unter null Grad Außentemperatur. In diesem moderaten Temperaturbereich arbeiten Wärmepumpen perfekt.

Der zweite Punkt ist die Temperatur, die man auf der Wärmeseite braucht, also die Vorlauftemperatur. Also je wärmer ich in die Heizung reingehe, desto schlechter ist dann am Ende die Effizienz. Es gibt eine Grenze: Viel mehr als 50 Grad Celsius sollte man als maximale Vorlauftemperatur nicht benötigen, weil dann die Effizienz zu sehr sinkt. Man sollte sich bei Bestandsgebäuden anschauen, ob dort noch Heizungen mit sehr hohem Temperaturbedarf stehen. Dann muss man sanieren. Ansonsten sind eigentlich alle Gebäude geeignet. 50 Grad Temperatur heißt auch, dass man nicht zwangsweise eine Fußbodenheizung braucht, das geht auch mit Standardradiatoren. Nur wenn das Gebäude zu schlecht gedämmt ist, sollte man vorher an die Sanierung denken. Aber ein Großteil der Gebäude lässt sich eigentlich direkt mit der Wärmepumpe ausstatten.

BayWa r.e. Solar Energy Systems:

Sehen Sie noch Innovationen oder auch Innovationspotenzial im technischen Bereich der Wärme?

Prof. Dr. Volker Quaschning:

Wenn wir uns die Wärmepumpen in der Entwicklung der letzten 10 oder 20 Jahre anschauen, sind sie gerade in der Effizienz schon deutlich besser geworden. Bei Effizienztests, die vor 10 oder 20 Jahren gemacht wurden, hat man mit Mühe und Not eine 3 als Jahresarbeitszahl erreicht, das bedeutet: aus einer kWh Strom werden drei kWh Wärme erzeugt. Das ist heute eigentlich eher unterer Standard. Viele Wärmepumpen sind heute deutlich besser. Da kann man sicherlich noch einiges weiter verbessern. Eine Achillesferse der Wärmepumpe sind die Kältemittel, die wir dort momentan noch verwenden. Hier kommen häufig FKW zum Einsatz. Diese Kältemittel sind aus Klimaschutzgründen nicht optimal. Wenn sie in die Atmosphäre gelangen, können sie auch einen großen Klimaschaden anrichten. Der ist zwar kleiner als einer vergleichbaren Erdgasheizung, aber wir müssen trotzdem möglichst bald überall auf andere, komplett klimaneutrale Kältemittel setzen. Da braucht man noch ein bisschen Entwicklung.

In den letzten Jahren sehen wir immer mehr Luftwärmepumpen, die einen Ventilator haben. Dabei gibt es immer eine Geräuschproblematik. Da hat sich schon viel getan, aber die Geräuschpegel sollten noch weiter reduziert werden. Auch da kann ich mir schon noch Innovationen vorstellen. Zum Beispiel, indem man die Vorwärmung, nicht mit der Luft und einem Ventilator macht, sondern vom Dach eine Photovoltaik-Solarthermie-Kombination die Vorwärmung übernimmt und sich damit ganz geräuschfrei die Wärme vom Dach holt. Es gibt also noch verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten und ich glaube, dass man auf jeden Fall die eine oder andere Innovation sehen wird. Aber man muss heute nicht auf diese Innovationen warten. Der jetzige Stand der Technik ist schon so gut, dass man die Wärmepumpen guten Gewissens empfehlen kann.

BayWa r.e. Solar Energy Systems:

Welche Hemmnisse gibt es noch für die Energie- und Wärmewende?

Prof. Dr. Volker Quaschning:

Momentan sehen wir bei den Wärmepumpen, dass sie recht lange Lieferzeiten haben. Das heißt, wer sich jetzt für eine Wärmepumpe entscheidet, darf nicht die Illusion haben, dass sie in drei Wochen schon eingebaut wird. Da müssen die Hersteller jetzt extrem schnell die Produktionskapazitäten hochfahren.  

2022 haben wir in Deutschland ca. 230.000 Wärmepumpen verbaut und wenn wir die Klimaschutzziele der aktuellen Regierung einhalten wollen, müssen wir da Richtung eine Million marschieren. Also da ist noch relativ viel Luft nach oben.

Und das sind natürlich Punkte, wo entsprechend nachgesteuert werden muss. Es mangelt auch an den Personen, die Wärmepumpen einbauen können. Im Handwerk herrscht zurzeit Fachkräftemangel. Wenn wir wirklich diese hohen Stückzahlen erreichen wollen, dann muss es mehr Leute im Handwerk geben. Und die Menschen im Handwerk müssen weiter qualifiziert werden, weil es natürlich schon etwas anderes ist, eine Wärmepumpe einzubauen, als eine Gastherme. Wenn jemand den Einbau einer Wärmepumpe noch nie gemacht hat, gibt es auch einen gewissen Fortbildungsbedarf. Das müssen wir jetzt schnell regeln, sonst kommen wir der Nachfrage nicht hinterher und torpedieren damit am Ende auch unsere Klimaschutzziele.

BayWa r.e. Solar Energy Systems:

Glauben Sie, dass wir die Wärmewende schaffen?

Prof. Dr. Volker Quaschning:

Vor fünf Jahren wäre ich noch sehr skeptisch gewesen, weil da im Prinzip alles einzementiert war. Der Anteil an erneuerbarer Energie im Wärmebereich hat praktisch zehn Jahre lang kaum verändert. Es gab ein bisschen Brennholz, die eine oder andere Wärmepumpe, aber sonst relativ wenig. Andere Länder, zum Beispiel die skandinavischen Länder oder die Schweiz, hatten ganz andere Einbauzahlen von Wärmepumpen. Aber mit der Energiekrise sehen wir auch bei uns eine regelrechte Explosion der Zubauzahlen von Wärmepumpen. Und deswegen bin ich da sehr zuversichtlich, dass die Menschen es mittlerweile verstanden haben.

Auf der anderen Seite ist aber auch eine gewisse Skepsis angebracht, da die Politik gerade wieder falsche Signale setzt. Die Gaspreisbremse ist aus meiner Sicht ein komplett falsches Signal, weil es den Druck rausnimmt. Natürlich muss man Leute entlasten, die sich die Energiekrise nicht leisten können. Aber eine pauschale Subvention von klimaschädlichem Erdgas ist aus meiner Sicht der völlig falsche Weg, weil man so wieder falsche Anreize setzt. Ich hoffe, dass das nicht wieder das Tempo bei der Energiewende reduziert. Aber ansonsten läuft es momentan gut. Und ich glaube, wenn es so weitergeht, haben wir sehr gute Chancen, dass wir in drei bis vier Jahren auch da stehen, wo wir für den Klimaschutz schon lange stehen müssten.

Porträt von Volker Quaschning

Weitere Informationen und alle Termine unserer Themenreihe „PV+Wärme“ finden Sie hier.

Eine Einführung in die Kombination von Photovoltaik mit der Wärmepumpe können Sie hier nachlesen.


 


Noch mehr über Volker Quaschning erfahren: 

Autor: Dr. Volker Quaschning

Volker Quaschning ist seit 2004 Professor für das Fachgebiet Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin und verfügt über eine dreißigjährige Erfahrung im Sektor erneuerbare Energien. Er hat sein Leben der Entwicklung einer nachhaltigen Energieversorgung und der Umsetzung von wirksamen Maßnahmen gegen die Klimakrise verschrieben. Neben der Publikation von zahlreichen wissenschaftlichen Artikeln und Büchern versucht er auch über die sozialen Medien Menschen zu erreichen und aufzuklären. Für sein Engagement erhielt er einige Preise, u.a. den Deutschen Solarpreis 2020 für persönliches Engagement von Eurosolar.


Ähnliche Beiträge

k
Artikelvergleich (0)
Noch keine Artikel im Produktvergleich
Close